Verständnis und Heilung von Trauma: Ein Blick auf die strukturelle Dissoziation
Hast du dich jemals gefragt, wie unser Gehirn mit extrem belastenden Erlebnissen umgeht? Manchmal reagiert es auf eine Weise, die uns schwerfällt zu verstehen: Es spaltet sich auf. Dieses Phänomen wird als strukturelle Dissoziation bezeichnet und ist ein zentrales Konzept in der Traumatherapie, das uns hilft zu verstehen, wie komplexe Traumata unsere Persönlichkeit beeinflussen können.

Was ist strukturelle Dissoziation?
Stell dir vor, deine Persönlichkeit ist wie ein Orchester. Nach einem traumatischen Erlebnis kann es passieren, dass nicht mehr alle Musiker im Einklang spielen. Stattdessen gibt es:
- Der "Alltags"-Teil (ANP): Dieser Anteil versucht, dein normales Leben weiterzuführen, zur Arbeit zu gehen, soziale Kontakte zu pflegen und so gut es geht, das Trauma zu vergessen. Er ist der Dirigent, der versucht, die Ordnung aufrechtzuerhalten.
- Die "Trauma"-Teile (EP): Das sind die Musiker, die die traumatischen Erinnerungen, Gefühle (wie Angst, Wut, Scham) und Verhaltensweisen (wie Kampf oder Flucht) in sich tragen. Sie tauchen oft unerwartet auf, wenn etwas dich an das Trauma erinnert, und können dazu führen, dass du dich plötzlich fühlst, als wärst du wieder mitten im damaligen Geschehen. Je nachdem, wie schwerwiegend das Trauma war, kannst du einen oder mehrere dieser "Trauma"-Teile entwickeln. Bei sehr schweren, wiederholten Traumata können sogar mehrere "Alltags"-Teile und viele "Trauma"-Teile entstehen, wie es bei der dissoziativen Identitätsstörung der Fall ist.
Wie hilft die Therapie dabei?
Die gute Nachricht ist, dass es Wege gibt, diese Spaltung zu heilen. Die Traumatherapie nach dem Modell der strukturellen Dissoziation folgt einem bewährten, phasenorientierten Ansatz:
- Sicherheit und Stabilität finden: Zuerst geht es darum, dich zu stabilisieren und dir Werkzeuge an die Hand zu geben, um mit überwältigenden Gefühlen umzugehen. Es ist wie das Aufstellen eines sicheren Gerüsts, bevor man mit der Reparatur beginnt. Ziel ist es, dass die "Alltags"-Teile und die "Trauma"-Teile lernen, besser miteinander zu kooperieren.
- Die Erinnerungen bearbeiten: Wenn du dich stabil genug fühlst, werden die traumatischen Erinnerungen schrittweise und behutsam bearbeitet. Das Ziel ist nicht, das Trauma erneut zu erleben, sondern die damit verbundenen Gefühle und Empfindungen zu integrieren, damit sie nicht länger dein Leben beherrschen.
- Integration und ein erfülltes Leben: In dieser Phase geht es darum, alle Teile deiner Persönlichkeit zusammenzuführen, sodass du ein kohärentes und vollständigeres Selbstempfinden entwickeln kannst. Du lernst, deine neuen Fähigkeiten im Alltag anzuwenden und ein sinnerfülltes Leben zu gestalten.
Warum ist diese Therapie so wichtig?
Diese spezielle Form der Traumatherapie ermöglicht es Menschen, die oft jahrelang unter den Folgen von Trauma leiden, endlich Heilung zu finden. Sie hilft dabei, die inneren Konflikte zu verstehen und zu lösen, die durch die Spaltung der Persönlichkeit entstehen. Es ist ein Weg, die verschiedenen "Musiker" deines inneren Orchesters wieder in Einklang zu bringen, damit du eine harmonische Melodie spielen kannst.
Wenn du das Gefühl hast, dass dieses Thema dich betrifft oder du jemanden kennst, dem es helfen könnte, scheu dich nicht, professionelle Hilfe in unserer Praxis, die sich darauf spezialisiert hat, in Anspruch zu nehmen. Es gibt Wege zur Heilung.
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Man könnte sagen, sich selbst zu vergeben, ist eine Form der inneren Friedensarbeit. Es geht darum, die Verbindung in deinem Inneren wiederherzustellen. Oft ist es so, dass Menschen, die Traumafolgen tragen, sich selbst verurteilen, beschuldigen oder sogar abwehren. Sie machen sich damit quasi selbst zum "Objekt" ihrer negativen Gefühle und verletzen sich selbst – sie werden sozusagen zum Täter an sich selbst.

Fühlst du dich manchmal, als hätte dich das Leben verraten? Als hätten ungerechte oder zutiefst enttäuschende Erfahrungen tiefe, unsichtbare Spuren in deiner Seele hinterlassen? Eine posttraumatische Verbitterungsstörung (PTVS) ist genau das: ein tiefsitzender Groll, der aus Verletzungen entsteht, die nicht heilen konnten. Es ist mehr als nur Traurigkeit oder Wut – es ist eine Verhärtung des Herzens, die dich von allem Schönen abschneiden kann. Doch es gibt einen Weg, diese unsichtbaren Mauern einzureißen und dein Leben zurückzugewinnen.

Im Kontext der Traumatherapie nach dem Modell der strukturellen Dissoziation gibt es spezifische Persönlichkeitsanteile, die sich als Reaktion auf Traumatisierung entwickelt haben. Wir wollen das etwas anhand von zwei Fallbeispielen erklären.